Keine Partei über Statistiken
und Umfragen
"Glaube keiner Statistik,
die du nicht selbst gefälscht hast", lautet ein geflügeltes Wort unter
Statistikern. Recht haben sie. Denn Statistiken und Umfragen sind in hohem
Maße manipulierbar, selbst wenn sie bei mindestens 1.000 Teilnehmern erhoben
werden und diese den Bevölkerungsdurchschnitt repräsentativ wiedergeben.
Trotzdem: Je nach dem wie Sie die Frage stellen, zu welchem Zeitpunkt und
unter welchen Umständen, können von einem Tag auf den anderen völlig
unterschiedliche Ergebnisse herauskommen.
Fiktives Beispiel:
Gestern berichtete die Tagesschau von einer Hungerkatastrophe in Afrika. Sie
fragen die repräsentative Gruppe: "Angenommen Sie würden eine Millionen
Euro im Lotto gewinnen. Mit 4% Ihres Gewinns würden 100 Menschen in Afrika
vor dem Hungertod gerettet. Wieviel würden Sie spenden? 0,5%, 4% oder
8%?"
Zwei Wochen später ist nichts
Schreckliches aus Afrika vermeldet worden. Dafür sind bei uns die
Arbeitslosenzahlen und die Inflation in die Höhe geschnellt. Sie stellen die
obige "Lotto-Frage" etwas anders: "Angenommen Sie hätten
sechs Richtige im Lotto. Würden Sie davon auch etwas nach Afrika
spenden?"
Es bedarf nicht viel Fantasie.
Im ersten Beispiel (4% von 1 Mio. sind immerhin 40.000 Euro; und selbst 0,5%
wären 500 Euro) käme bestimmt allerhand zusammen.
Im zweiten
Beispiel
wüsste zwar ein Mensch mit durchschnittlichem Gedächtnis immer noch von der
Hungerkatastrophe in Afrika, hätte aber jetzt eigene Ängste. Außerdem
war die Frage offener gestellt. Mehrere Ausflüchte ohne schlechtes Gewissen
sind möglich:
-
wer
weiß, wieviel die 6 Richtigen überhaupt bringen?
-
selbst
1 Millionen wäre schnell weg, vor allem bei der jetzigen Inflation...
-
ein
Betrag wie 50 oder 100 Euro ist ja schon ziemlich großzügig...
-
"auch nach Afrika"
- vielleicht - vielleicht aber auhc eher an Benachteiligte in Deutschland
Wie
viel in jedem der Beispiele nachher tatsächlich gespendet würden, lassen wir
mal völlig offen. Vielleicht 1% des Umfragewertes?
Will sagen: Wenn die Menschen
nur ein
Bruchteil dessen, was sie sagen, auch in die Tat umsetzen würden,
wären wir ein Planet der Harmonie mit einer gesunden Umwelt, glücklichen
Kindern ohne Kriege und voller Liebe. Dass es nicht so ist, muss uns nicht
verzweifeln lassen. Aber wir sollten mit dem Wahrheitsgehalt von Umfragen und
Statistiken extrem vorsichtig sein und uns nicht davon aufscheuchen lassen.
Viele Politiker begehen - trotz besserem Wissen - diesen Fehler und verfallen
in blinden Aktionismus. Warum? Weil sie um ihrer selbst oder ihrer Partei
willen die immer ein heißes Themeneisen im Feuer haben müssen, um über die
Medien Stimmung zu machen.
Während des Wahlkampfs und
nach der Wahl werden wir von den Medien also wieder unerbittliche
Tortengrafik-Schlachten und Säulendiagramm-Heilige präsentiert bekommen. Die
Regierung tönt: "die Beschäftigung hat von Januar 1999 bis Dezember
2001 um X% zugenommen!", während die Opposition ihr Unfähigkeit
vorwirft, weil die Arbeitslosenzahl von Dezember 1998 bis Januar 2002 um
X-Tausend gestiegen ist. Beide haben auf ihre Art Recht, beide Statistiken sind nicht
vergleichbar und beide könnten auch noch jeweils von dem Institut
"aufbereitet" worden sein, das von der jeweiligen Partei bezahlt
wurde. Keine Bestechung - nur ein normaler Auftrag. Also: Augen auf beim
Eierkauf!
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